Kaum zu glauben, aber der Sommer ist zu Ende. Die tropischen Nächte gehören nun der Vergangenheit. Die Ferien sind vorbei und die Kinder in den letzten Bundesländern wurden gerade eingeschult. Was könnte uns in die Sommerzeit zurückversetzen?
Sommer ade
Eigentlich vermisse ich den Sommer nur ganz wenig. Auf jeden Fall so einen Sommer mit Rekordtemperaturen und ohne Niederschlag wünsche ich mir nie wieder. Kann mir jemand diesen Wunsch erfüllen?
Ich sehne mich seit Jahren nach lauwarmen Sommernächten, saftig grünen Wiesen und Gärten mit langsam reifendem Obst. Die starke Sonneneinstrahlung verursacht bei Früchten und auch Tomaten Sonnenbrand. Kommt der Niederschlagsmangel dazu, bleiben die Früchte klein oder die Ernte bleibt ganz aus.
Glücklicherweise regnet es nun öfters und wir dürfen erleben, wie schnell der Rasen wieder grün geworden ist. Erstaunlich! Die Freude an dem Rasen war bei mir jedoch kurz. Denn die Gartenpflegefirmen waren sofort vor Ort und beseitigten die wenigen Grashalme.
Auf alle Fälle sorgte ich den ganzen Sommer über, dass ich auch im Winter eine süßsaure Erinnerung an den Sommer habe: auf meinen Frühstücksbrötchen. Auf dem Wochenmarkt besorgte ich Woche für Woche Zwetschgen, Mirabellen und Aprikosen, die ich im Winter nach und nach zu Marmeladen oder Fruchtaufstrich verarbeiten werde. Hier muss ich mich selbst auf die Schulter klopfen: Ich nutzte das 9-Euro-Ticket fleißig.
Fruchtiges Seelenfutter nicht nur im Sommer
Was ich auf jeden Fall auf den Marktständen vermisst habe, sind die Blaubeeren. Nicht die Kulturheidelbeeren, die aktuell so allgegenwärtig sind. Sondern die ,echten’, wilden aus dem Wald. Von meinen blaubeerigen Kindheitserinnerungen habe ich bereits im Juni erzählt. Dies hat mir Appetit auf die kleinen Beeren gemacht. Auch der leckere Blaubeerpie, den ich mal in Colmar essen durfte, verfolgte mich über die Sommermonate. So musste ein Blaubeerpie unbedingt her.
Nun wüsste ich nicht wirklich, wo ich in Deutschland Blaubeeren pflücken könnte, um einen Blaubeerpie zu backen. Zumal der heiße und trockene Sommer für die Waldbeeren bestimmt nicht wachstumsfördernd war. In Schweden wäre es bestimmt kein Problem. Fündig bin ich im Tiefkühlregal einer Biolebensmittelkette gefunden. So konnte ich endlich loslegen.
Es ist unkompliziert, den Blaubeerpie oder Blaubeerkuchen zu backen. Falls du den nachbacken möchtest, brauchst du:
- 100 g kalte Butter in kleine Stücke geschnitten
- 250 ml Dinkelmehl oder Weizenmehl
- 300-500 g frische oder tiefgefrorene Waldheidelbeeren
- 2 Teelöffel Wasser
- 30 – 50 g Zucker
- 3-4 Quicheförmchen
Mehl, Zucker und Butter solltest ich du mit einem Messer zu einer Masse hacken. Falls du ungeduldig wirst, kannst du den Teig noch kurz mit der Hand kneten. Der Teig wird ansonsten zu warm. Das führt dazu, dass der Mürbeteig zu fest wird und nach dem Backen nicht so fluffig und gleichzeitig weich. Anschließend rollst du den Teig leicht aus oder drückst den flach und stellst luftdicht verpackt für ca. eine Stunde kühl.
Danach legst du den Teig in die eingefetteten Quicheförmchen (3-4 Stück mit 12 oder 14 cm Durchmesser) aus und schiebst sie für ca. 5-10 Minuten bei ca. 180 °C in den Backofen. Anschließend füllst die Beeren in die Form. Nach ca. 20 Minuten Backzeit ist der Pie fertig. Abkühlen lassen, etwas Puderzucker drauf streuen und genießen.
Blau und weniger blau sind die Blaubeeren
Die wild wachsenden Heidelbeeren aus dem Wald sind viel aromatischer und saftiger. Die darin enthaltenen blauen Farbstoffe (Anthocyane) können Entzündungen bekämpfen. Bei Magen-Darm-Problemen sind die Blaubeeren deshalb hilfreich.
Sie sind vitaminreich und roh gegessen auch kalorienarm. Bei einem Blaubeerkuchen sieht die Sache mit den Kalorien schon anders aus. Neben Blaubeeren sorgt bei einem Pie das Fett für den richtigen Geschmackserlebnis. Deshalb heißt es auch hier: genüsslich und sparsam verwenden:-).
Die Kulturheidelbeeren enthalten den Farbstoff nicht. Sie sind dafür bedeutend größer, auch die Sträucher, auf denen sie wachsen. Somit ist die Ernte einfacher und rückenschonender. Die Waldheidelbeeren enthalten dagegen mehr gesunde Farbstoffe als Kulturheidelbeeren. Doch nicht der fehlende Farbstoff ist das Problem.
Was ist das Problem?
Die Kulturheidelbeeren sind nicht mehr aus unserem Speiseplan wegzudenken. Sie werden gerne mit Müsli gegessen oder zu Smoothies verarbeitet. Mittlerweile sind sie ganzjährig erhältlich. Doch sie werden im großen Stil in wasserarmen Regionen in Monokulturen angebaut, um unseren Hunger zu stillen. In den Wüsten von Peru und Chile befinden sich riesige Blaubeerplantagen. Da sich in diesen Wüsten hauptsächlich Sand befindet, werden die leckeren Beeren in Säcken mit Humus angebaut. Zum Bewässern wird das Schmelzwasser aus den Bergen umgeleitet und gestaut.
Damit sie gegen Krankheiten geschützt sind, werden Pestizide verwendet. Auf der langen Reise nach Europa kommen noch Schimmelpilzschutzmittel zum Einsatz. Bei den Beeren, die aus Spanien oder Marokko kommen, ist der Einsatz von Pestiziden kaum oder gar nicht nachweisbar.
Blau ist die Farbe des Sommers
Genug geschimpft. Zum Schluss erzähle ich noch von einigen polnischen saisonalen Spezialisten. Dazu gehören pierogi z jagodami – Teigtaschen mit Blaubeerfüllung. Im August werden sie in zahlreichen Bars und Restaurants serviert. Bei jeder Oma oder Tante gibt es sie auch.
In Polen dürfen bei keinem Bäcker die Jagodzianki fehlen. Das ist ein Süßgebäck, meistens aus Hefeteig mit Blaubeerfüllung in mindestens 20 verschiedenen Varianten. Mit oder ohne Streusel, mit oder ohne Zuckerguss. Jeder Pole hat eigene Vorstellung von einer perfekten Jagodzianka. Meine bevorzugte Variante von Jagodzianki hat eine ovale Form und ist ohne Schnickschnack wie Streusel. Dafür mit einer ordentlichen Portion Blaubeeren. Der Teig muss auf der Zunge zergehen.
Von wegen Blau, wie Blaubeere, eine kalte Farbe ist.
Bei einem Fotoshooting gab es mal Jagodzianki als Belohnung für meine kleinen Models. Ich habe mich nicht grün und blau geärgert, dass die Kinder gekleckert haben. Alle Flecken waren nach dem Waschen weg. Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, ob der Fleckenentferner rein ökologisch war.
Ich verbinde die Blaubeeren zweifellos mit Urlaub, unbeschwerten Tagen und der Kindheit. Und ein bisschen mit …. Du weißt schon, oder? Ja, ja, ja, blau, blau, blau ist der Enzian…. Und nein, ich bin kein Fan von Heino.
Deine Alicja von kapelusch
Titelbild und das Bild von Jagodzianki: @canva