Die globale Klimaerwärmung schreitet voran. Die Coronakrise hat dazu beigetragen, dass die Nachhaltigkeit, das Klima und unser (Miss)Verhältnis zu der Natur noch stärker in den Fokus geraten sind. Ich habe für euch mit Andreas Siegele, dem Obstbauberater der Stadt Stuttgart, über die Folgen der Klimaerwärmung im Obstanbau gesprochen.
Klimaerwärmung vor der Haustüre
Die Klimaerwärmung ist in Deutschland und Europa seit Jahren direkt spürbar. Wir müssen keine Reise zum Nordpol unternehmen, um die Gletscherschmelze zu beobachten.
An die Hitzewelle in Europa im Jahr 2003 können sich noch sehr viele erinnern. Der Sommer mit Temperaturen bis zu 40 Grad hat drei Monate gedauert. Die Hitze und die ausgebliebenen Niederschläge hatten damals für die Menschen und die Wirtschaft schwerwiegende Folgen. Diese extreme Hitzeperiode hat laut Wikipedia 45.000 bis 70.000 Todesopfern gekostet und hat einen enormen wirtschaftlichen Schaden eingerichtet.
Für die weltweit führenden Klimaforscher sind menschliche Tätigkeiten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Hauptursache der Erderwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts.
Die Wissenschaftler schlagen Alarm und rufen zum sofortigen Handeln.
Die Klimaskeptiker bestreiten dennoch den erheblichen Anteil des Menschen am Klimawandel. Diese Haltung ist eine psychologische Schutzreaktion und Antwort auf die zahlreichen wissenschaftlichen Fakten und Belege.
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Folgen des Klimawandels im Obstbau
Mit Andreas Siegele habe ich über den Klimawandel gesprochen. Siegele ist Obstbauberater der Stadt Stuttgart und ständig beratend in Stuttgart und der Region unterwegs. In unserer Familie und in der Region gilt er als der absolute Experte für den Obstbaumschnitt. Während unserer Zeit als Hobbygärtner haben wir regelmäßig seine Baumschnittkurse besucht.
Auf meine Frage, ob es den Klimawandel überhaupt gibt, wird er ganz ernst. Im Obst- und Weinbau ist die Klimaerwärmung seit vielen Jahren ein großes Problem und sehr präsent. Die Folgen in diesem Bereich kennt Siegele nur zu gut. Seit Jahren beobachtet er die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf diesen wichtigen Wirtschaftssektor.
Wetterextreme – besonders kritisch
Die größten Herausforderungen stellen derzeit Wetterextreme wie Hitze und Starkregen mit Hagel dar, aber auch die Spätfröste. Diese extremen Folgen des Klimawandels müssen die Obstbauern immer wieder schmerzlich erfahren.
Spätfröste
Die Winter sind in Deutschland immer milder. Die Bäume schlagen somit früher aus. Kommt zu diesem Zeitpunkt der Frost und der Baum steht voll in Blüte, gefährdet dies die Ernte.
In diesem Jahr hatten wir im Süden Deutschlands bereits drei Kälteeinbrüche. Dieses unbeständige Wetter bedeutet für die Obstbauern immer eine große Unsicherheit und Sorge um die Ernte.
Eine rechtzeitige Beregnung kann vor dem Frost schützen und die Ernte zwar retten. Es ist mit einem enormen Aufwand und Kosten verbunden.
Die Hitze und die UV-Strahlung
Die Hitze und die lang anhaltende UV-Strahlung gefährden die Obstanbaugebiete. Die fehlende Kühlung schadet den Bäumen. Die starke Sonneneinstrahlung verursacht Sonnenbrand bei den Blättern und am Obst. Äpfel, Birnen oder Erdbeeren und Trauben verkochen praktisch auf dem Baum oder am Strauch, bevor sie geerntet werden können.
Wenn sich wie früher die Temperaturen im Laufe des Jahres langsam änderten, bildete die Pflanzen eine Wachsschicht. Diese natürliche Schutzschicht verhinderte die Verdunstung und schützte die Bäume.
Die Beregnung der Obstplantagen sorgt teilweise für Abhilfe und Kühlung. Auch hier ist der Aufwand der Obstbauer enorm hoch und sehr kostenintensiv.
Viele alte Obstsorten kommen mit den neuen Wetterbedingungen nicht klar. Versuchsanstalten im ganzen Land beschäftigen sich mit den Folgen des Klimawandels auf die alten Obstsorten und suchen nach Lösungen.
Der Weinbau ist jetzt insgesamt auf die Klimaerwärmung besser vorbereitet. Neue Bewässerungssysteme wurden installiert.
Der Klimawandel und die Schädlinge
Der Klimawandel begünstigt die Schädlinge. Dies hat fatale Folgen auf den Obstanbau. Die durch die Hitze geschwächten Bäume und Pflanzen sind anfälliger auf Schädlinge und sonstige Krankheiten.
Durch die hohen Temperaturen ist der Apfelwickler in der Lage sogar zwei Generationen Larven im Jahr zu entwickeln. Bei einem weiteren Temperaturanstieg können somit die negativen wirtschaftlichen Folgen noch stärker ausfallen.
Neue, bis jetzt unbekannte Insekten gefährden die Plantagen. Die Maulbeerschildlaus und Kirschessigfliege gefährden die Existenz der Obstbauern. Auch Hobbygärtner verlieren ihre Ernte und es ist kaum noch möglich ein leckeres Brombeergelee aus den Früchten aus eigenem Garten zu kochen. Dies führt zu erhöhtem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und schmälert die niedrigen Gewinne.Viele neuen sehr invasiven Schädlinge breiten sich als Folge der Globalisierung aus.
Kleingartenboom in der Coronazeit
Durch die Coronakrise ist ein richtiger Kleingartenboom ausgebrochen. Das ist insgesamt sehr positiv zu sehen. Wer bereits zu Beginn der Krise einen Garten hatte, gehörte zu den Privilegierten. Die Wartelisten bei den Kleingartenvereinen sind angewachsen.
,Pflanzt Bäume!‘, ist die Botschaft von Andreas Siegele. Denn Bäume sind super und leisten viele gute Dienste. Sie liefern nicht nur Obst, sondern schützen auch das Klima.
Für die Kleinen gibt es nichts Besseres als Obst aus eigenem Garten.
Ich ergänze es noch: Ein fachgerechter Obstbaumschnitt ist entscheidend für die Vitalität des Obstgehölzes und die Qualität des Obstes. So kann ein Obstbaum auch besser mit dem Klimawandel zurechtkommen.
Deine Alicja von kapelusch