Plastik free july ist eine Initiative der australischen Plastic Free Foundation. Es geht dabei im Rahmen einer Challenge, die Bürger in der ganzen Welt zu vernetzen, sie zu sensibilisieren und gemeinsam gegen die übermäßige Nutzung von (Einweg)Plastikverpackungen und anderen Kunststoffprodukten vorzugehen. Eine schöne Initiative, die unbedingt über die Grenzen des Monats Juli gehen soll. Bist du auf deine persönliche Plastic Free Challenge bereit?
Die EU-Offensive gegen die Plastikflut
Mittlerweile hat es sich rumgesprochen, dass wir ein weltweites Problem mit den Plastikprodukten haben. Unsere Meere, Ozeane und Flüsse sind voll Kunststoffabfall und Mikroplastik. Das Recycling von Kunststoffen und Verpackungen funktioniert nicht immer einwandfrei. Einerseits sind die Bürger zu bequem, den Abfall zu sortieren. Doch auf der anderen Seite sind die Verpackungen so designt, dass deren Trennung, Sortierung und Zuordnung der passenden Abfalltonne eine Herausforderung ist.
In der EU sind nun Einwegkunststoffprodukte wie Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe, To-Go-Verpackungen, Getränkebechern und -behältern aus geschäumtem expandiertem Polystyrol (auch bekannt als Styropor) verboten. Auch die Kunststofftüten bietet der Handel in der Regel nicht mehr an.
Auch Produkte aus oxo-abbaubaren Kunststoffen sind in der EU seit Juli 2021 verboten. Oxo-abbaubare Kunststoffe finden in der Landwirtschaft und Gartenbau als Mulchfolien Anwendung. Diese Kunststoffe sind ebenfalls nicht biologisch abbaubar. Das UV-Licht, Wärme und Sauerstoff zersetzen sie in kleine Stücke und sind für das Auge nicht mehr sichtbar. Sie verbleiben im Erdreich als problematisches Mikroplastik.
Mit diesen europäischen Verordnungen und Verboten sind wir auf einem guten Weg. Doch sie sind lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein im Kampf gegen das Plastikproblem.
Weltweit werden über 400 Millionen Tonnen Plastik im Jahr produziert. Auf Verpackungen entfällt mehr als ein Drittel aller hergestellten Kunststoffe. 40 % aller hergestellten Plastikprodukte landen im Schnitt nach weniger als einem Monat im Müll.
Plastik soweit das Auge (nicht) reicht
Es häufen sich die Beweise, dass Mikroplastik nicht nur in der Umwelt, sondern auch in unserem Körper vorkommt. Über die Meere und Böden gelangen die winzigen Teilchen in die Nahrungsketten und anschließend in unsere Lungen und Blutbahnen. Noch gibt uns die Forschung keine klaren Antworten auf die Frage, welche konkreten Auswirkungen Mikroplastik auf unsere Organismen hat. Doch eins ist sicher: Sie gehören definitiv nicht dahin!
Über Plastik in den Meeren sind wir gut aufgeklärt. Doch Mikroplastik ist auch in Binnengewässern und den Böden vorhanden und belastet die Umwelt enorm. Verpackungsmüll aus Kunststoffen und nicht nur findet man in unseren Parks oder entlang der Autobahnen nach einem längeren Stau. Die bereits oben erwähnten Mulchfolien aus dem landwirtschaftlichen Bereich zersetzen sich auf den Feldern in Mikro- und Nanoplastik.
Chemikalien wie Phthalate (Weichmacher) und Bisphenole (BPA) sind in vielen Produkten aus erdöl- und erdgasbasierten Kunststoffen enthalten. Sie können negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Im menschlichen Körper haben Bisphenole Einfluss auf den Hormonhaushalt und stehen im direkten Zusammenhang mit der Unfruchtbarkeit bei den Männern. BPA sind u. a. in Kassenzetteln, die schrittweise durch die blauen Kassenzettel ersetzt werden.
Viel Chemie und Mikroplastik
Die Verwendung der Phthalate DEHP, DBP und BBP ist in der EU seit 1999 in bestimmten Artikelgruppen wie Spielzeug, Babyartikeln, Lacke und Farben für den Endverbraucher und Kosmetikprodukte verboten. Auch weitere Phtalate-Verbindungen wie DINP, DIDP und DNOP sind in Baby- und Kinderartikeln nicht zulässig.
Die gefährlichen Substanzen sind in Produkten verboten, die Kinder direkt in den Mund nehmen können. Doch Kinder sind nicht nur von ungiftigen und gesetzeskonformen Artikeln umgeben. Mit zahlreichen weiteren Alltagsgegenständen aus Kunststoffen haben Kinder Kontakt. Die Bodenbeläge aus PVC (Polyvinylchlorid) oder Teppichböden, auf denen Babys krabbeln und Kleinkinder spielen, sind besonders bedenklich.
Darüber hinaus enthalten Kunststoffe weitere zulässige Chemikalien, deren Auswirkungen auf unsere Körper und Gesundheit nicht erforscht sind.
Das weitere Problem bei den Weichmachern und anderen mehr oder weniger besorgniserregend Substanzen ist, dass sie nur langsam in die Umwelt oder die Innenraumluft gelangen. Grundsätzlich gilt: je älter die Kunststofferzeugnisse sind, umso mehr schädliche Chemikalien und Mikro- und Nanoplastikteilchen in unsere Umgebung gelangen!
Und natürlich spielt auch der Preis eine Rolle. Denn bei den Schnäppchen aus asiatischen Billiglohnländern ist es wahrscheinlicher, dass sie mehr gesundheitsschädigende Chemikalien enthalten. Die Kontrollen erfolgen nur stichprobenweise
Mehr Informationen über Weichmacher und Bisphenole findest du hier.
Babys, Kinder und junge Menschen schützen
Die Körper von Babys, Kleinkinder und Schüler sind sehr empfindlich und deshalb besonders schützenswert. Durch das natürliche orale Erkundungsverhalten sind sie besonders gefährdet. Das Kauen von Spielzeug setzt Chemikalien und Mikroplastik frei.
Auch Babyflaschen aus Polypropylen setzen Mikroplastik frei. Laut einer Studie nehmen Babys, die im ersten Lebensjahr mit der Flasche gefüttert werden, zwischen ein und zwei Millionen Plastikpartikel pro Tag aufnehmen. Erwachsene hingegen nehmen gerade einmal rund 600 Partikel pro Tag über die Nahrung auf.
Auch durch die Aufnahme von Hausstaub und Erde sind Kinder besonders stark gesundheitlichen Gefahren durch Kunststoffe und darin enthaltenen Chemikalien ausgesetzt.
Dadurch, dass die Kunststoffprodukte unsere Umgebung so stark dominieren, ist ein plastikfreies Leben gar nicht so einfach. Auch wenn in der EU der Einsatz von bestimmten Chemikalien in Baby- und Kinderartikel nicht zulässig ist, macht es Sinn, auf viele Kunststoffe im Leben der Kinder zu verzichten.
Die Kunststoffe und deren Produktion gefährden die Gesundheit der Kinder und belasten die Umwelt enorm. Sie bestehen aus umweltschädlichen fossilen Rohstoffen, die den Klimawandel und die Klimaerwärmung beschleunigen.
Deine Plastic Free Challenge
Spielsachen
Es ist sicherer, Spielzeug aus Naturmaterialien wie Baumwolle und Holz (ohne giftige Farbe), Naturlatex oder lebensmittelechtem Silikon zu wählen. Achte dabei auf das EU-Sicherheitskennzeichen für Kinderspielzeug.
Kuscheln mit Gift – das wollen wir nicht!
Der Handel bietet massenweise Stofftiere aus Kunststoffen auf Basis von fossilen Rohstoffen. Da sie angeblich viel kuscheliger sind! Besteht der Außenstoff des Spielzeugs aus einem Naturstoff, ist die Füllung aus Polyester. Bei Stofftieren gilt ebenfalls die Regel: je älter das Stofftierchen aus Kunststoffen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es mehr schädliche Chemikalien und Mikroplastik freisetzt.
Dies gilt auch für sämtliches ältere Spielzeug aus Kunststoffen. Somit sind das Second Hand Spielzeug oder Erbstücke eigentlich ein Tabu. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Legosteine, Figuren aus den Überraschungseier oder Barbiepuppen handelt.
Kuscheltiere aus recycelten PET-Flaschen sind ebenfalls Spielsachen aus Kunststoffen. Sie reduzieren keineswegs die Menge von Kunststoffen.
Deshalb besorge für deine Kinder Kuscheltiere aus natürlichen Materialien und einer Füllung aus Wolle, Baumwolle, auch Stoffresten, Dinkelspelz oder Kirschkernen. Sprich auch darüber mit den Großeltern, Verwandten oder Freunden. Denn Kuscheltiere sind das Kindergeschenk Nr. 1.
Kindergeschirr
Vorsicht ist bei Kindergeschirr aus Melamin und Bambus geboten. Das bruchsichere Geschirr aus Melamin-Formaldehyd-Harz hat gesundheitsschädliche und krebsfördernde Wirkungen gezeigt. Oft gibt es diese Melaminprodukte in traumhaftschönen farbenfrohen Designs. Wie schade.
Bei Bambussgeschirr handelt es sich um Kunststoffgegenstände, die fein zerkleinertes Bambusholz und Maisstärke als Füllstoffe enthalten. Der verwendete Kunststoff sind oft Melaminharze. Kunststoffgeschirr mit Beimischung von Bambusmehl, Reishülsen, Maisstärke oder Weizenstroh darf nicht verkauft werden. Diese Produkte wurden leider noch nicht komplett vom Markt genommen.
Besser ist Geschirr aus robustem Porzellan oder Edelstahl – besonders für Ausflüge und Picknick geeignet.
Die verführerischen Verpackungen
Mehr als 30 % der Kunststoffe verbraucht die Verpackungsindustrie weltweit. Diese Branche geht mit den Ressourcen besonders verschwenderisch um. Die großen und kleinen Kunden lächeln die in Kunststoffe verpackten Artikel allerart an. Konservendosen oder viele Papier- und Kartonverpackungen sind innen mit Kunststoffen überzogen.
Getränke in PET-Flaschen, entweder Einweg- oder Mehrweg sind die Verkaufsschlager. Sie sind allerdings das große Problem. Der Verzicht auf Plastikflaschen ist dennoch möglich. Alternativen wie Mehrwegflaschen aus Glas oder einfach Leitungswasser und Tees sind vorhanden. Für unterwegs gibt es Flaschen aus bruchsicherere Glas oder Edelstahl.
Es handelt sich um Einwegverpackungen im großen Stil, die die Umwelt belasten. Ob die Verpackung aus Biokunststoffen oder kompostierbaren Materialien besteht, ist dabei unerheblich. Denn es handelt sich ebenfalls um Einwegverpackungen, die anschließend direkt als Abfall landen.
Insbesondere Süßigkeiten für Kinder sind oft einzeln verpackt und zusätzlich in eine Tüte gesteckt. Die kleinen Trosttütchen mit 5 Haribo-Gummibärchen sind ein gutes Beispiel dafür, wie großzügig und verschwenderisch die Lebensmittelindustrie mit unseren Ressourcen umgeht.
Die trendigen Unverpacktläden sind leider noch nicht flächendeckend anwesend oder sind schwer erreichbar. Doch beim Einkauf auf dem Wochenmarkt können mitgebrachte Mehrwegtaschen und Körbe einen guten Beitrag zur Reduzierung von Verpackungen leisten.
Ein Paradebeispiel für eine enorme Verpackungsverschwendung sind die Quetschies. Sie haben sich in einem rasanten Tempo zu der Lieblingsform der Beikostfütterung entwickelt. Die Quetschbeutel tragen nicht nur erheblich zu den wachsenden Abfallbergen bei, sondern können einen negativen Einfluss auf die kindliche Entwicklung haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Mehrweg-Quetschietüten handelt, das pürierte Essen aus ökologischen Lebensmitteln besteht und zuckerreduziert ist. ,Das Erkunden von Nahrungsmitteln mit den Lippen, der Zunge und den Händen sowie das Einüben des Kauens können beeinträchtigt werden.‘ (dgkj.de)
Die Textilien
In der Textilindustrie steigt der Einsatz von synthetischen Fasern ungebremst. Auch in der Kinderbekleidung! Insbesondere ist die Sportbekleidung davon betroffen. Doch zu den Verkaufsschlagern gehören Jacken oder Pullover aus wuscheligem Polyester-Fleece. T-Shirts mit Applikationen aus Pailletten tragen nicht nur Mädchen. Paillettten-Dinosaurier schmücken auch die Jungengarderobe. Mehr zu diesem Thema findest du unter: Der sagenhafte Aufstieg von Polyester. Und im kapelusch-Onlineshop gibt es jede Menge Kindermode aus Naturfasern.
Die Challenge – Ein Versuch ist sie wert
Plastik ist zum Symbol unserer Wegwerfgesellschaft geworden. Doch es ist dennoch unbedingt wichtig, auf plastikfreie Produkte zu achten und nach Möglichkeit auf Verpackungen zu verzichten. Den Kindern und der Umwelt zuliebe.
Selbstverständlich ist der vollständige Verzicht auf Kunststoffe nicht möglich – im medizinischen Bereich brauchen wir sie. Oder als Wassersäcke zum Bewässern der von der Hitze geplagten Bäume in den Innenstädten.
Nimmst du die Challenge an?
Deine Alicja von kapelusch