Wie nachhaltig ist Wolle?

Nachhaltigkeit der Wolle - weidende Schafherde

Wolle kratzt. Wolle wird von Motten gefressen. Wolle und andere tierischen Produkte beschleunigen die Klimaerwärmung. Die Tierschützer greifen die Methoden der Massentierhaltung an – zu recht! Die tierischen Produkte sind sehr stark in Verruf geraten. Naturfasern wie Wolle, Seide und Baumwolle stehen sogar in manchen Listen als die umweltschädlichsten Materialien. Was nun?

Ein Produkt aus der Natur

Wolle ist ein nachwachsendes Naturprodukt und vieles spricht für diese großartige Faser. Seit Tausenden von Jahren in Textilien verwendet, halten Kleidungsstücke aus Wolle unsere Körper warm. Darüber hinaus bieten sie UV-Schutz sowohl für Menschen als auch Tiere. Die Wollfasern haben hervorragende isolierende Eigenschaften, halten im Winter warm, verhindern aber auch Hitzeansammlungen/Hitzestau. Merinowolle besitzt viele Luftkammern, die besser isolieren. Wolle ist – anders als Kunststofffasern – eben atmungsaktiv und sorgt somit für einen angenehmen Temperaturausgleich.

Die Fasern wehren Gerüche und Verschmutzungen durch Wollfett sowie die Faserstruktur ab. Wolle muss oder soll deshalb selten gewaschen werden.

Tierische Fasern sind biologisch abbaubar und im Gegensatz zu Kunstfasern verlieren sie beim Waschen und Tragen keine problematischen Mikroplastikteilchen. Wollprodukte lassen sich hervorragend recyceln. Somit belasten sie die Umwelt noch weniger. Produkte aus Wolle richtig gepflegt halten sehr lange. Und gegen Motten hilft alles, was im Handel erhältlich ist: Lavendelsäckchen, Zedernholz, Feromonfallen und Fliegengitter in den Fenstern. Denn Motten kommen oft von außerhalb.

Normale Schafwolle kann empfindliche Haut reizen. Sehr beliebt sind jedoch Produkte aus Merinowolle. Denn die Fasern der Merinowolle sind besonders fein. Das bedeutet, dass die Produkte nicht kratzen. Je dünner die Fasern, desto mehr krümmen sie sich, wenn sie die Hautoberfläche berühren. Bei Merinoschafen sind die einzelnen Fasern 23 Mikrometer dünn, bei anderen Wollsorten durchschnittlich 37 Mikrometer. Ein menschliches Haar ist zum Vergleich zwischen 50 und 70 Mikrometer stark.

Besonders für Baby- und Kinderprodukte ist Merinowolle prädestiniert. Jacken, Overalls oder Hosen aus Merinowolle sind atmungsaktiv, schmutzabweisend, robust und sie knittern nicht. Beliebt ist Kinderunterwäsche aus Merinowolle oder eben Babydecken, die auch im kapelusch-Onlineshop erhältlich sind.

Babydecke aus Merinowolle Bio

Klimaschädlich oder doch nicht?

PETA, die Tierschutzorganisation, beruft sich in einem Artikel auf den Higg Index. Laut diesem Index sollen Produkte aus veganen Materialien eine bessere Umweltbilanz haben als tierische Wolle. Somit gäbe es auch aus ökologischer Sicht keinen Grund für tierische Wolle.

Der Higg Index ist ein System zur Messung der Umweltauswirkungen. Große Modekonzerne beziehen den in ihren Marketingstrategien ein. Das System steht allerdings in der Kritik. Warum eigentlich erfährst du in diesem Artikel: Higg Index .

Das Umweltbundesamt gibt an, dass die Landwirtschaft in Deutschland zwar für die Entstehung der Treibhausgase im großen Stil verantwortlich ist. Doch die Methan- und Lachgasmissionen sind mit rund 87 Prozent nahezu vollständig auf die Rinderhaltung zurückzuführen. Darunter sind Milchkühe die bedeutendsten Emittenten. Erst mit viel Abstand folgen die Emissionen von Schweinen. Pferde, Schafe, Ziegen und Geflügel sind in der Gesamtbilanz mit rund fünf Prozent nahezu von untergeordneter Bedeutung.

Der größte Anteil des Methans aus Wirtschaftsdünger – Gülle, Jauche und Mist geht auf die Exkremente von Rindern sowie von Schweinen zurück. Emissionen von anderen Tiergruppen (wie Geflügel, Esel und Pferde) sind dagegen vernachlässigbar.
Doch die Treibhaus-Bilanzierung, die messbare Umweltauswirkung allein reicht nicht aus, um ein hundertprozentiges ökologisches Urteil zu fallen. Denn die Definition der Nachhaltigkeit beinhaltet auch die sozioökonomische Komponente.

Pastoralist / Hirte und seine Schafherde

Pastoralisten und Wanderschäfer

Die Arbeit verschiedener Tierschutzorganisationen ist sehr wichtig. Sie decken mit ihren Recherchen und Aktionen die Missstände in der Massentierhaltung auf. Auf die drastischen Probleme, die bei der Produktion von Merinowolle durch Mulesing entstehen, machen sie dauernd aufmerksam.

Doch die Tierhaltung hat noch eine andere, weniger bekannte Seite.
Pastoralismus (von lat. pastor „Hirte“) ist eine extensive und mobile Nutztierhaltung und gilt als besonders tier- und umweltfreundlich. Sie ist auf allen Kontinenten anzutreffen. Hirtenvölker gibt es vor allem in den trockensten, steilsten, kältesten und heißesten Gebieten. Eine anderweitige Nutzung des Busch-Graslandes ist nicht attraktiv oder nicht sinnvoll.

Schätzungsweise leben 200 Millionen Menschen als Pastoralisten. Sie ziehen mit ihren Alpakas, Rentieren oder Kamelen durch die Weidelandschaften Afrikas, Asiens oder in den Anden und durch die Tundra im Norden Europas. Ihre Tiere sind ihr Reichtum, ihr Einkommen, ihre Nahrungsquelle, sie sind ein Teil ihrer Identität und sogar der Region.

In Deutschland hat die Wanderschäferei eine lange Tradition. Doch die Zahl der (Wander)schäfer ist durch die Einfuhr von günstiger Wolle zuerst aus Australien und später auch aus China stark zurückgegangen. In Deutschland gibt es weniger als 1000 hauptberufliche Schäfer und sie haben ihre Betriebe auf die Fleischproduktion umgestellt.

Seit 1990 beobachtet man einen starken Preisverfall bei Wolle: Statt früher 1,80 – 2,30 Euro/kg bekommen die Züchter heute nur noch 0,30 – 1,00 Euro/kg je nach Qualität (Farbe, Feinheit, Ausgeglichenheit). Die Schurkosten pro Schaf betragen ca. 3,80 Euro und sind somit höher als der Wollerlös. Deshalb werden aus Wolle oft Düngepellets und technische Vliese produziert. Oder sie landet auf dem Müll. Was für eine Verschwendung! 95 % auf dem deutschen Markt sind Importwollen.

Weidende Schafe in Stuttgart

Schafe und Ziegen – die niedlichen Landschaftspfleger

Dabei leisten die Hirtenvölker – oder die Schäfer in Europa durch ihre Tätigkeiten einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz und zur Landschaftspflege. Schafe oder Ziegen verhindern, dass die Wiesen in oft kargen und steilen Lagen verwalden. In ihrer Wolle und Kot transportieren sie Samen und sorgen so für mehr Artenschutz und Biodiversität.

Durch ihr geringeres Gewicht und die Besonderheit der Hufe belasten Schafe den Boden weniger und schonen die Vegetation. Sie sind deshalb perfekt geeignet als Pfleger der Deiche und leisten einen Beitrag zum Hochwasserschutz. Denn die schweren Maschinen könnten die Deiche beschädigen. Dort, wo Solarparks entstehen, können Schafe die Wiesen ebenfalls schonend und ökologisch pflegen.

Auch die Stuttgarter sind seit Jahren Zeugen eines Spektakels. Auf den hiesigen Wiesen kümmern sich die Schafherden um die Pflege. Die mähenden und blökenden Rasenmäher kommen hier regelmäßig zum Einsatz. Die Stuttgarter sind total begeistert und möchten die niedlichen Landschaftspfleger nicht missen. Die tiefen Laute der weidenden Schafe sind dazu wesentlich angenehmer als die Töne eines Rasenmähers, Motorsensen oder Laubgebläsen.

Fazit

Es mag schon sein, dass die australische ,Schönwetter’-Merinowolle extra fein ist. Doch beim Kauf solltest du deshalb auf die tierleidfreie, schadstofffreie und nach Möglichkeit regionale Produkte achten. So stärkst du lokale Schäfereien und verarbeitende Betriebe.

Deine Alicja von kapelusch

Quellen:
Umweltbundesamt
Ministerium für Ländlichen räum und Verbraucherschutz BW
Bundesverband der Berufsschäfer

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