Wie viel Wasser verbraucht Baumwolle?

Baumwollzweig - durstige Baumwolle

Baumwolle ist ein nachwachsender Rohstoff. Die Baumwollfasern sind zudem mit vielen positiven Eigenschaften ausgestattet. Baumwolle ist für Kleidung, insbesondere Kinderkleidung die perfekte Faser. Doch die Reputation dieser Pflanze ist gefährdet. Der Wasserverbrauch ist ein zentrales Element verschiedener Nachhaltigkeitsdiskussionen. Seit Jahren kursieren Zahlen über einen sehr hohen Wasserverbrauch beim Anbau der Baumwolle. Was ist daran richtig und was ist falsch? Ich habe mich mit Experten vernetzt und viel recherchiert, um Antworten auf diese Fragen zu finden.

Fakten, Zahlen, Daten

Wie alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse braucht auch Baumwolle Wasser zum Wachsen und Gedeihen. Ohne Wasser kein Ertrag.
Doch Baumwolle ist eine Pflanze, die sehr gut mit Trockenheit zurecht kommt. Lediglich in den ersten zwei Monaten nach der Aussaat ist sie auf das sogenannte grüne Niederschlagswasser oder auf Bewässerung – das blaue Wasser – angewiesen.

Die Landwirtschaft ist weltweit für 73% des Wasserverbrauchs verantwortlich, auf Baumwolle entfallen 3% davon.

41,3 % der gesamten Baumwollproduktion kommt ohne künstliche Bewässerung aus. Dies entspricht 55 % der globalen Baumwollanbaufläche.

Baumwollproduzenten in vielen Ländern setzen moderne computergesteuerte Bewässerungssysteme ein. So können sie mehr Baumwolle mit weniger Wasser produzieren. Denn das Wasser, das zum richtigen Zeitpunkt der Baumwollpflanze zur Verfügung steht, steigert auch die Faserqualität.

Fast das gesamte auf die Pflanze aufgebrachte Wasser verdunstet und fließt als Regen auf andere Felder zurück. Eine Tatsache, die gerne vergessen wird.

Der Wasserverbrauch der Baumwolle ist stark von der Klimazone des Anbaugebiets abhängig. Durch den Klimawandel verändern sich auch die Niederschlagsmengen in den Baumwollanbaugebieten. Dies hat selbstverständlich Einfluss auf den Wasserverbrauch von Baumwolle. Und die Qualität.

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Durstig oder doch nicht?

Die Angaben zum Wasserverbrauch von Baumwolle soll man deshalb differenziert sehen und auch stets auf die Aktualität prüfen.

Laut einer von Cotton Incorporated durchgeführten Ökobilanz von 2016 lag der tatsächliche durchschnittliche blaue Wasserverbrauch beim Baumwollfaseranbau bei rund 1.560 Liter/Kilo. Diese Bilanz basiert auf Daten aus Australien, China, Indien und den USA.

Das internationale Baumwollsekretariat (ICAC) veröffentlichte (im Cotton Data Book) 2020 neuere Daten: im Durchschnitt werden 1.214 Liter Bewässerungswasser benötigt, um ein Kilogramm Baumwollfaser zu produzieren.

Die Produktion von einem Kilogramm ungeschälten Reis benötigt 2300 Liter Wasser und von einem Kilogramm Weizen rund 1400 Liter. Im Vergleich mit anderen landwirtschaftlichen Produkten ist Baumwolle eine relativ wenig durstige Pflanze.

Durstige Baumwolle - Bewässerungsanlage

Verwirrungen, Behauptungen und veraltete Zahlen

Verschiedene weltweit veröffentlichten Publikationen, Studien, Zeitungsartikel oder Blogartikel zitieren unterschiedliche Zahlen zum Wasserverbrauch von Baumwolle. Die darin enthaltenen Zahlen sind meistens veraltet und oft ohne eine Quellenangabe. Die Behauptungen von 2.700 Litern Wasser pro Baumwolltshirt oder 10.000 bis 20.000 Liter pro Kilo entkörnter Baumwolle sind vertreten. Ungeprüft. Unbestätigt. Vervielfacht.

Die im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellte Studie ,Kleider mit Haken’ vom Mai 2021 enthält zwar Quellenangaben. Doch die Zahlen stammen teilweise von 2004 oder 2014.

In diesem Artikel findest du noch mehr Zahlen und Fakten:

CO2-Fußabdruck
Austrocknung des Aralsees

Aralsee als Totschlagargument

Der Schwerpunkt der Konsumkritik der UBA-Studie liegt ebenfalls auf Baumwolle. Ganz unbegründet ist das nicht. Etwa 40% des blauen Bewässerungswassers entfällt auf Länder mit hoher saisonaler Wasserknappheit.

7 Millionen Kleinbauern weltweit leben vom Baumwollanbau. Viele Baumwollfelder liegen im armen globalen Süden ohne Zugang zu Agrarsubventionen. Die Bauern dort sind auf ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse angewiesen. Baumwolle ist allerdings weder die einzige noch die wichtigste Feldfrucht im globalen Süden. Baumwolle im Zusammenhang mit der Bewässerung zu verteufeln ist deshalb etwas oberflächlich und voreilig.

Es ist kein Baumwollproblem, sondern ein Problem der Ressourcenverteilung, schreibt Veronica Bates Kassatly, Ökonomin und ehemalige Weltbankanalystin.

Im Fall der Austrocknung vom Aralsee wird der Baumwollanbau gerne als Ursache angegeben. Die Zerstörung, die durch die expansive Agrarpolitk der Sowjetunion verursacht wurde, konnte nicht aufgehalten werden. Fast die Hälfte der Bevölkerung der Aralstaaten – Usbekistan, Kirgistan, Kasachstan, Tadschikistan und Turkmenistan, lebt in ländlichen Regionen und betreibt Landwirtschaft.

Alle diese Länder beziehen Wasser aus dem Aral-Becken und nutzen dafür die maroden postsowjetischen Bewässerungssysteme. Angebaut werden im Wechsel neben Baumwolle der wasserhungrige Reis, Weizen, Luzerne, Mais und Tomaten.

Die Weltbank schätzt, dass allein Usbekistan 12 Milliarden UD-Dollar für die Wartung und Reparaturen der vorhandene Systeme benötigen würde.

Reis ist wasserdurstig

Sieger und Verlierer

Die Produktion von natürlichen Fasern wie Baumwolle, Wolle oder auch Seide sinkt. Im Jahr 2020 lag die weltweite Baumwollproduktion bei 23 Millionen Tonnen – in den Jahren 2006-2010 durchschnittlich bei 25 Millionen Tonnen. Die Produktion von syntetischer Fasern ist von 41 Millionen Tonnen in den Jahren 2007-2009 auf 65 Millionen Tonnen gestiegen.

Textilien aus Kunststofffasern haben sicherlich einige Vorteile. Sie sind leicht, trocknen (manchmal) schneller. Doch die Verbraucher müssen Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Kunststofffasern durch Polymerisation von Erdgas und Erdöl entstehen. Es ist am Ende das Gleiche wie die bereits verpönte Plastiktüte oder Einwegkaffeetasse aus Kunststoff.

Nicht vergessen: 7 Millionen Kleinbauern weltweit leben vom Baumwollanbau.

Zuallerletzt bedanke ich mich bei Elke Hortmeyer von der Baumwollbörse in Bremen für ihre Gesprächsbereitschaft. Einem persönlichen Kennenlernen stand meine Coronaimpfung im Wege.

Deine Alicja von kapelusch

Quellen:

Bremer Baumwollbörse
Henrich Böll Stiftung
Veronica Bates Kassatly
Apparelinsider
ICAC

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